Erzgebirge

Spuk in der Saigerhütte

Fachwerkgebäude und schneebedeckte Umgebung
Die Saigerhütte gehört seit 2019 zum UNESCO-Welterbe »Montane Kulturlandschaft Erzgebirge/Krušnohoří« (© Frieder Monzer)

Mit dem Museumsensemble Saigerhütte in Grünthal besitzt Olbernhau einen in dieser Form weltweit einzigartigen historischen Komplex der Buntmetallurgie. Außer dem im Saigerverfahren gewonnenem Silber wurde auch Grünthaler Dachkupfer international verkauft. Neben dem Frohnauer Hammer ist der Althammer der Saigerhütte das wichtigste historische Hammerwerk des Erzgebirges. Dort treibt sich angeblich obendrein das hundeartige Gespenst Hüttenmatths herum.

Die Idee für einen Museumsbetrieb kam zwischen den Weltkriegen auf. Der heutige Museumskomplex ist eine Industriegemeinde aus 22 funktional miteinander verbundenen Gebäuden. Es entstand ein guter Mix aus konservierter Vergangenheit und touristischer Infrastruktur. Am Rande des Saigerhütten-Geländes gibt es einen Indoor-Spielplatz mit ausgeprägtem Erzgebirgsflair: Stockhausen bietet seit 2001 drei Spieletagen ohne Plastik und Elektronik. Übernachtungen mit eigenem Schlafsack und eigener ­Luftmatratze sind möglich, inzwischen nähert sich die Zahl der Besuche einer Million.

Die Geschichte des Erzabbaus in der Gegend steht bis heute im Schatten der Denkmale der Erzverarbeitung. Ein kleiner Verein rund um Uwe Kempe leistet seit 1996 jedoch Erstaunliches, so gibt es seit über zehn Jahren den fünfzehn Kilometer langen Bergbaulehrpfad Olbernhau–Brandov und ein Vereinsbergwerk mit 180 Meter freigelegtem Stollengang nahe dem Gründelbach.

Vom Schwefelbad Grünthal ist praktisch nichts mehr erhalten. Das Alte Zollhaus am Grenzbach wurde 1837 zum Kurhaus umgebaut, kaum 100 Gäste jährlich nutzten den schwankenden Ertrag der 1813 identifizierten Schwefel­quellen. Das Gebäude wurde ab 1964 als Eisenbahnerferienheim genutzt und nach dem Hochwasser 2002 abgerissen. Auf vielen Darstellungen der Stadt ist die Exulantenkirche im Ortsteil Oberneuschönberg zu sehen. Sie thront auf einem Hügel unweit der Saigerhütte, über dem anderen Ufer der Flöha.

Museum Saigerhütte mit Kupferhammer, In der Hütte 2, 09526 Olbernhau; Di–So 10–16 Uhr.

Die Sage vom Hüttenmatths

Der Hüttenmatths (auch Hüttenmatz oder Hüttenmops) soll ein schwarzer Pudel mit feurigen Augen und höhnischen Lautäußerungen sein, der Leuten ins Genick springt und sich von ihnen in lebensbedrohlichem Lauftempo transportieren lässt. Es ist unmöglich, ihn vor seinem gewünschten Ziel abzuschütteln. Harmlosen Wanderern tut er nichts, wenn diese ihn in Ruhe lassen. Beispielsweise wurde er mehrmals in Obercarsdorf gesehen, aber auch zwischen Freiberg und Erbisdorf.

Am ausführlichsten ist die »Vorgeschichte« des Pudels in Varianten der Sage beschrieben, die die Handlung bei der Saigerhütte Olbernhau-Grünthal ansiedelt. Auf Bestellung kann die Museumsverwaltung dort organisieren, dass der Stoff als Ein-Personen-Theaterstück veranschaulicht wird. 2017 schrieb und illustrierte zudem der Rothentaler Hannes Schaller eine Kinderbuchversion. 2022 wurde ein sieben Kilometer langer Themenweg vollendet, der Stationen von Schallers Version der Sage ansteuert.

Zu Beginn des 17. Jahrhunderts arbeitete in der Saigerhütte der gierige Verwalter Matthes, der seit vielen Jahren eine kinderlose Ehe führte. Um zu Reichtum zu kommen, ging er einen Pakt mit dem Teufel ein. Das geschah bei der »Hand«, wo sich oberhalb des Bachtales Hüttengrund fünf Waldwege wie fünf Finger treffen. Zum Lohn forderte der Teufel seinen siebenjährigen Sohn, den Matthes ja sowieso nicht hatte. Doch kaum war Matthes zu Hause, berichtete ihm seine Frau von ihrer Schwangerschaft. Matthes führte nun die von ihm beaufsichtigten Betriebe zu großer Blüte, sogar die Löhne stiegen. Doch er fühlte nur noch Leere und Angst, alle Nachbarn gingen ihm aus dem Weg.

Als Matthes wieder einmal trübsinnig in der Hüttenschenke einkehrte und dort nach kurzer Zeit allein saß, erzählte ihm der Wirt von einem gutmütigem Kobold im Natzschungtal unterhalb des Stößerfelsens. Matthes begriff, dass dessen Hilfe eine letzte Chance sein könnte. Der Kobold sagte den Versuch zu, beim nächsten Vollmond den Teufel zu beschwören und den Pakt zu annullieren. Matthes sollte dabei zwar in der Nähe sein, sich aber keinesfalls vor dem Teufel blicken lassen.

Es ging beim nächsten Vollmond heftig zu zwischen  Kobold und Teufel, schließlich deutete sich ein Sieg des Kobolds an. Doch Matthes hielt nicht durch, er ergriff panisch die Flucht. Der Teufel sah es und rief ihm hinterher: »Du Vertragsbrüchiger, sei, was du immer warst, ein räudiger Hund!« Die Verwandlung begann augenblicklich, bis heute geistert Matthes verwünscht umher. Frau und Sohn suchten einige Wochen lang erfolglos nach ihm, blieben ansonsten aber unbehelligt.

Buchempfehlung: Hannes Schaller, Der Hüttenmatths. Eine erzgebirgische Sage aus Olbernhau, Erzdruck, Olbernhau 2017.

Cover Trescher-Reiseführer Erzgebirge

Dieser Textauszug stammt aus dem Trescher-Reiseführer ERZGEBIRGE von Frieder Monzer und Hermann Böhme-Schalling.

ERZGEBIRGE

Traditionen, Städte und Landschaften zwischen Chemnitz und Egergraben

3., aktualisierte Auflage 2023
352 Seiten
ISBN 978-3-89794-627-9

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