Sie ist außerhalb Österreichs vielleicht nicht so berühmt wie die Sachertorte, aber in Oberösterreich erhält man sie in Cafés und Bäckereien fast überall: die Linzer Torte. Sie wird bis heute nach dem ältesten in Gebrauch befindlichen Tortenrezept der Welt gebacken, das aus dem Jahr 1653 stammt. Für die Oberösterreicher ist sie ein traditionelles Backwerk, das gerne für Festtage zubereitet wird.
Zum Grundrezept gibt es etwa 250 Varianten. Die Linzer Torte besteht aus einem Boden, dem sogenannten Linzer Teig. Diesen gibt es als Mürbteig in Braun (Mehl, Zucker, Butter, Ei, Mandeln, Nüsse, etwas Zimt oder Gewürznelken oder Muskatnuss) oder in Weiß (Mehl, Zucker, Butter, Ei, Zitronenabrieb). Auf den Tortenboden wird Schwarze-Johannisbeer-Marmelade, in Österreich Ribiselmarmelade genannt, dünn aufgetragen.
Das Markenzeichen
Als besonderes Charakteristikum der Linzer Torte wird nun ein quadratisches oder rautenförmiges Gitter aus »Linzer Masse« aufgelegt. Diese ist mit Zimt und Zitrone abgeschmeckt und besteht aus Mehl, Fett, Ei und Zucker mit Zusätzen von Mandel-, Marzipan- oder Nuss-Nougat-Masse. Dann ab in den Ofen damit. Anschließend wird die noch heiße Torte nochmals mit Johannisbeermarmelade – manchmal auch Aprikosenmarmelade – bestrichen; oft erfolgt dieser letzte Vorgang auch schon vor dem Backen. Nach dem Backen sollte die Torte mindestens einen Tag stehen, damit die Füllung durchziehen kann.
Der Schriftsteller Alfred Polgar behauptete, dass die Torte ihren Namen im 17. Jahrhundert von einem Konditor namens Linzer in Wien erhalten habe. Die Erklärung wurde lange kolportiert. Da sie sich aber nicht nachweisen ließ, ist es wahrscheinlicher, dass die Torte ihren Namen von der Stadt Linz erhalten hat.
Das besagte Rezept aus dem Jahr 1653 – genau genommen sind es vier etwas variierende Rezepturen, die alle mit dem Attribut Linz versehen sind – findet sich im Küchenbuch der veronesischen Gräfin Sagramoso. Es wird in der Stiftsbibliothek Admont bewahrt und wurde erst 2005 aufgefunden. Vor dem Jahr 2005 galt eine in der Wiener Landesbibliothek aufbewahrte Zubereitungsanweisung von 1696 als das Urrezept der Torte. Admont liegt am alten Handelsweg von Venedig nach Linz, über den wahrscheinlich die Zutaten Zimt und Nelken nach Österreich kamen.
Wer hat’s erfunden?
Der erste Tortencréateur soll ein Johann Konrad Vogel gewesen sein. Dieser fränkische Zuckerbäcker war 1822 nach Linz zugewandert und hatte eine vermögende Konditorswitwe geheiratet. Er stellte die Linzer Torte in einem größeren als heute üblichen Umfang her und versendete sie nach ganz Europa. Erfunden hat er sie jedoch nicht. Wegen der damals exotischen Zutaten galt die Torte im 17. und 18. Jahrhundert als Genuss vor allem in adeligen Kreisen.
Die Linzer Torte ist etwas variiert auch in Norditalien verbreitet. Dort wird die Johannisbeermarmelade meist durch solche aus Quitten ersetzt, so wie auch manche Rezeptvarianten überhaupt eher auf diese Frucht bauen. Eine andere Variante aus Italien verwendet als Füllung vorher in Zuckerwasser eingelegte und dann zerkleinerte grüne Walnüsse.
Als Kuriosität sei noch erwähnt, dass auch eine regelmäßig ausgestrahlte Talkshow auf Radio Oberösterreich den Namen »Linzer Torte« trägt.
Dieser Textauszug stammt aus dem Trescher-Reiseführer OBERÖSTERREICH von Gunnar Strunz.
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