Polnische Ostseeküste

Sopot – die polnische Sommerhauptstadt

Sommerliches Luftbild der Sopoter Seebrücke mit Yachthafen und Strand
Rund um die Seebrücke von Sopot pulsiert im Sommer das Leben (© Patryk Kosmider/shutterstock.com)

Das milde Klima sowie das kulturelle und sportliche Angebot bescheren Sopot (Zoppot) Jahr für Jahr etwa zwei Millionen Besucher. Viele Touristen verbinden ihren Aufenthalt in Gdańsk mit einem Abstecher in das nahe gelegene Seebad Sopot, andere bleiben für Tage oder gleich den ganzen Urlaub. Sopot gilt heute als die polnische Sommerhauptstadt. Wenn hierzulande gefragt wird »Wo lebt man in Polen am besten?«, befindet es sich an erster Stelle. Die Bäderarchitektur aus der Epoche um 1900 hat den Weltkrieg unbeschadet überdauert, viel Modernes, so am Kurplatz (pl. Zdrojowy), kam im letzten Jahrzehnt hinzu. 

1998 erhielt die Stadt die Anerkennung als Kurort. Am einstigen Warmbad vor der Seebrücke kommt die Sankt-Adalbert-Quelle als artesische Quelle aus 800 Metern Tiefe ans Tageslicht. Sie wird vom sauberen Wasser der Kaschubischen Seenplatte gespeist. Die Sole enthält wertvolles Brom und Jod. Das Salz entstand vor etwa 70 Millionen Jahren.

In den Sanatorien wird die Sole für die Behandlung von rheumatischen Erkrankungen und zur Stärkung des Immunsystems verwendet. Hier ist die Sole 14-fach verdünnt, aus dem Pilzbrunnen im Kaczyński-Park kann man sie pur abfüllen, im Café Solanka (pl. Zdrojowy 2, in der 3. Etage/Fahrstuhl) ist sie 20-fach verdünnt.

Sehen und gesehen werden

Im Jahr 1823 ließ Jean Georg Haffner, zuvor Arzt in der napoleonischen Armee, die erste Naturbadeanstalt errichten. Die Schönen und Reichen aus ganz Europa vergnügten sich in der Vorkriegszeit tagsüber am feinen Badestrand und verspielten abends viel Geld im Casino. In dieser Zeit sprach man auch von Zoppot als der »Riviera des Nordens«.

Heute vergnügen sich wohlbetuchte junge Leute abends in den Pubs längs der beliebten Fußgängerpromenade, der ul. Bohaterów Monte Cassino (kurz »Monciak« genannt), und ab Mitternacht in den Stranddiskotheken. An der Promenade befinden sich auch einige Restaurants, Galerien und exquisite Geschäfte sowie viele Freiluftplätze.

Eine Attraktion ist hier das Schiefe Haus (Krzywy domek), das dem Charakter der Straße entspricht: Wenn die Leute lustig und etwas betrunken sind, dann sehen sie alle Häuser so. Das Schiefe Haus besteht aus 4000 Quadratmeter beachtlicher Kurven, die ein blaugrün emailliertes Schindeldach tragen. Das Ganze ähnelt einem Drachen. In dessen »Bauch« findet man Cafés, kleine Läden und das Restaurant Rucola mit einem Wintergarten.

Die Älteren treffen sich zum gepflegten Dinner im traditionsreichen Sofitel Grand Sopot oder versuchen ihr Glück im Casino. Seit 1926 nahmen zahlreiche Prominente im damaligen Grand Hotel Quartier: Fidel Castro, der Schah von Persien oder Omar Sharif waren einige der berühmten Gäste.

Ein stattliches vierstöckiges Hotel, davor ein Brunnen
Hat schon immer illustre Gäste angezogen: das Grand Hotel Sopot (© Kerstin Micklitza)

Traumstrand mit Seebrücke

Abends trennen sich die Wege, doch tagsüber wollen alle zum feinsandigen Badestrand. Mit den ersten Sonnenstrahlen bevölkert sich die 511 Meter lange hölzerne Seebrücke; in der Saison wird dafür Eintritt kassiert. Schnell sind die besten Sonnenplätze auf dem längsten Seesteg Europas besetzt. Hier legen auch Schiffe der Weißen Flotte an, die nach Gdańsk, Gdynia und Hel fahren. Ein Jachthafen schmiegt sich an die Spitze der Mole, das neue Restaurant Meridian am Ende der Seebrücke hat die Form eines Schiffsdecks.

Die Wasserqualität ist tadellos, zudem schützt die Halbinsel Hela die Bucht vor nördlichen Strömungen mit kaltem Tiefenwasser, weshalb die Ostsee hier wärmer als anderswo ist. Eine stets leichte Brise kühlt die Bucht an heißen Tagen. Die Moränenlandschaft hält zudem starke Winde von der Landseite her ab.

Das Südbad (Łazienki południowe) aus dem Jahr 1907 erinnert mit Schnitzereien an norwegische Volksarchitektur. Hier ist jetzt das chinesische Hotel Zhong Hua zu finden. Eine Viertelstunde schlendert man von hier weiter auf der Strandpromenade zur Selbstbedienungsbar Przystań rybacka. Hier wird das ganze Jahr über fangfrischer Fisch aus der Ostsee zubereitet. Nebenan befinden sich Räuchereien. Von hier ist es ein kurzer Gang zum romantischen Fischerplatz (pl. Rybaków), den der Architekt und damalige Zoppoter Stadtbaumeister Paul Puchmüller gestaltete.

Abseits des Rummels

Wer dem Trubel aus dem Weg gehen möchte, ist in den Seitengassen richtig: Jugendstilhäuser, Villen, Parks und schöne Gärten prägen diese Seite der Stadt. Hier haben sich reiche Danziger ihre prächtigen Sommersitze erbaut.

In einem Haus an der ul. Kościuszki (Nr. 10) in der Nähe des Bahnhofs wurde am 18. Oktober 1926 Klaus Günter Karl Nakszynki geboren, der unter seinem Künstlernamen Klaus Kinski zu weltweitem Ruhm kam. 1994, drei Jahre nach seinem Tod, wurde an seinem Geburtshaus eine Gedenktafel angebracht. Im Erdgeschoss befindet sich heute ein Fast-Food-Imbiss.

Junge Leute lockt das Unterhaltungsangebot nach Sopot. 1909 wurde die Waldoper (Opera Leśna) in einem Tal im Westen der Stadt erbaut. In den 1930er Jahren waren die Aufführungen beliebter als die in Bayreuth, ein Verdienst des damaligen Generalintendanten Hermann Merz. Nach Modernisierungen zählt die Waldoper (4500 Sitzplätze) noch immer zu den fantasievollsten Bühnen Europas, und auch Weltstars kommen gern hierher. Vor dem Eingang führt rechts ein Weg zur Anhöhe mit schönem Blick auf Sopot.

Nach Sopot kommen mitunter auch Wintersportler. An der Abfahrtspiste Promkenhöhe (Łysa góra), nahe der Waldoper, sind bei idealen Schneeverhältnissen drei Skilifte in Betrieb. Es ist Polens einzige Piste mit Meerblick.

Wander- und Radtouren rund um Sopot

Lohnend ist eine Wanderung entlang der Küste, am Strand oder auf der Promenade westwärts nach Gdynia. Mit dem Fahrrad rollt man anfangs bequem auf Asphalt, später muss man aber auf einen Fahrweg oberhalb der Steilküste ausweichen. Zu Fuß geht man entweder am Strand oder nutzt schattige Pfade mit schönen Aussichten am Hang entlang oder nahe der Abbruchkante. Von der Seebrücke Sopot bis ins Zentrum von Gdynia sollte man etwa drei bis vier Stunden einplanen.

Beschaulich ist die Strandwanderung oder der Spaziergang auf der Promenade ab der Seebrücke Sopot ins östliche Gdansk-Jelitkowo (Glettkau). Man benötigt dafür etwa eine Dreiviertelstunde. Der Spaziergang lässt sich um weitere 40 Minuten bis Gdańsk-Brzeźno (Brösen) verlängern. Von hier fährt man dann mit der Straßenbahn Nr. 3 zum Danziger Hauptbahnhof und gelangt mit der SKM-Bahn zurück nach Sopot.

Cover Trescher-Reiseführer Polnische Ostseekueste 2025

Dieser Textauszug stammt aus dem Trescher-Reiseführer POLNISCHE OSTSEEKÜSTE von André Micklitza.

POLNISCHE OSTSEEKÜSTE

Mit Stettin, Danzig, Kaschubien und Marienburg

11., aktualisierte und erweiterte Auflage 2025
300 Seiten
ISBN 978-3-89794-830-3

18,95 €

 

Im Trescher Verlag erscheinen weitere Reiseführer zu POLEN.