Bulgarien

Bulgarische Geschichtsstunde – das Buzludzha-Denkmal

Das ufoförmige Buzludzha-Denkmal auf grünem Hügel, davor Pferde
Das Buzludzha-Denkmal thront wie ein Ufo über der Landschaft (© Marat Dupri/shutterstock.com)

Den wenigsten Menschen, die vom Balkan sprechen, ist bewusst, dass die Bezeichnung von einem Gebirgszug kommt, der sich 600 Kilometer vom Nordrand der Balkanhalbinsel in Serbien zu den Ebenen der unteren Donau in westöstlicher Richtung zieht. Der Hauptkamm liegt in Bulgarien, der höchste Berg ist der Botev mit 2376 Metern Höhe. An seinen Hängen befinden sich nicht nur einige der wichtigsten historischen Siedlungen Bulgariens, sondern mit dem Buzludzha-Denkmal auch ein geschichtlich wie architketonisch hochinteressantes Monument.

Die Straße auf den Shipka-Pass hat etwas Malerisches, sei es von Süden kommend mit den gewundenen Serpentinen oder von Norden, mit dem steilen Anstieg zur Passhöhe, an dem Radfahrer in umgekehrter Richtung ihre wahre Schussfahrtfreude haben.

Auf dem Shipka-Pass wurde zusätzlich noch Geschichte geschrieben. Im Russisch-Türkischen Krieg, der zur Befreiung Bulgariens von der osmanischen Besatzung führte, hielten hier im August 1877 6000 Russen und Bulgaren drei Tage lang einer gewaltigen türkischen Übermacht stand. Ganz so dramatisch ist es auf der Passhöhe heute nicht. Die Besucher müssen aber immerhin fast 900 Stufen bis zur Plattform auf der Berghöhe steigen, um das Mahnmal für die gefallenen Kämpfer zu erreichen. Belohnt wird man jedoch mit einem grandiosen Blick auf das Tal der Rosen südlich des Passes.

Hier wurde Geschichte geschrieben

Während die meisten auf der Staatsstraße 5 talwärts in Richtung Süden zum Tal der Rosen fahren, lohnt der kleine Umweg von der Passhöhe in Richtung Osten durchaus. Vor allem Radfahrer können sich hier an einer leidlich ausgebauten, mäßig befahrenen Höhenstraße freuen, die gute Ausblick über die Ebene verspricht. Kurz bevor es dann bergab geht, thront da das wohl faszinierendste und gleichzeitig umstrittenste Bauwerk der jüngeren bulgarischen Geschichte.

Das Haus des Denkmals der Bulgarischen Kommunistischen Partei, besser bekannt als Buzludzha-Denkmal, wurde 1981 auf dem Buzludzha-Gipfel eingeweiht. Es erinnert an die Ereignisse von 1891, als sich eine Gruppe von Sozialisten unter Führung von Dimitar Blagojev heimlich in der Gegend versammelte, um eine organisierte sozialistische Bewegung zu gründen. Aus dieser wurde die Bulgarische Sozialdemokratische Partei, eine Vorläuferin der Bulgarischen Kommunistischen Partei.

Blick aus dem verfallenen Buzludzha-Denkmal über Hügellandschaft
Der Zahn der Zeit nagt mehr und mehr am Buzludzha-Denkmal (© Lukas Bischoff Photograph)

Kehrt irgendwann neues Leben ein?

Der Bau des Denkmals begann am 23. Januar 1974. Der Gipfel wurde förmlich weggesprengt, um ein stabiles Fundament zu schaffen, wodurch sich die Höhe des Berges von 1441 Metern auf 1432 Meter verringerte. Dabei wurden über 15 000 Kubikmeter Gestein abgetragen, die Kosten für den Bau des Denkmals betrugen 14 186 000 Leva, auf die heutige Zeit umgerechnet etwa 35 Millionen Euro. Das Denkmal ist ein typisches Beispiel für die futuristische Architektur, die im sozialistischen Bulgarien gang und gäbe war.

Nach 1989 wurden alle Wartungsarbeiten eingestellt. Das Gebäude blieb aufgrund der Gefahren, die von der geschwächten Struktur ausgehen, für die Öffentlichkeit geschlossen. In den letzten Jahren mehrten sich die Anstrengungen, die Anlage zu restaurieren und hier ein Zentrum für bulgarische Geschichte zu errichten. Weiterhin gibt es jedoch viele Stimmen, die das Betonungetüm einfach sprengen wollen. Wie man das Gebäude beschreiben könnte? Eine sozialistische fliegende Untertasse, die auf einem Berg gelandet ist. Das trifft es.

Weitere Informationen und eine Liste der geführten Touren zum Monument gibt es unter https://buzludzha-monument.com.

Cover Trescher-Reiseführer Bulgarien

Dieser Textauszug stammt aus dem Trescher-Reiseführer BULGARIEN von Jens Alexis.

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