Französische Atlantikküste

Fleur de sel – das weiße Gold der Atlantikküste

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Blick über Salzgärten von Batz-sur-Mer bei Guérande (© Boris Stroujko/shutterstock.com)

Bei einem Urlaub an der französischen Atlantikküste gehört ein Besuch der Salzgärten, zum Beispiel in Guérande, zum Pflichtprogramm. Bereits seit dem 3. Jahrhundert wird dort das weiße Gold geerntet, das ab dem 10. Jahrhundert zum wichtigsten Handelsprodukt wurde. Mönche gründeten in Batz-sur-Mer eine Priorei, von der aus sie ein hydraulisches System anlegten, das heute noch die Basis der Salzgewinnung darstellt.

Um Meersalz zu ernten, muss der Salzgärtner über eine genaue Kenntnis der Gezeiten verfügen, das gerade an der bretonischen Küste häufig wechselhafte Wetter aufmerksam verfolgen und eine Menge Handarbeit investieren. Bei jeder größeren Flut öffnet ein Paludier die Schleuse zu seiner Saline, um das erste große Becken, die vasière, mit Meerwasser zu fluten. Dieses Schlammbecken dient als Reserve bei Ebbe und niedrigen Fluten, außerdem setzen sich die Schwebeteilchen in diesem Becken ab.

Peu à peu zum Feinschmeckerprodukt

Anfangs hat das Meerwasser eine Salzkonzentration von 25 Gramm pro Liter. Dank eines leichten Gefälles gelangt es durch Kanäle, die étiers, in weitere, immer kleinere Verdunstungsbecken, die cobier, fards und adernes genannt werden. Auf dem langen Weg von der vasière in den innersten Bereich der Saline erwärmt sich das Wasser durch die Sonneneinstrahlung und verdunstet. Auch der Wind sorgt für Verdunstung.

Sonne, Wind und eine lange Schaufel

Haben Sonne und Wind ihre Arbeit getan und das Meerwasser auf einen Salzgehalt von etwa 280 Gramm pro Liter reduziert, kann sich der Salzgärtner an die Ernte machen. Dazu leitet er das Wasser in die œillet – die Öse . Um das Fleur de sel, die Salzblume, zu ernten, zieht der Paludier bei Ostwind mit einer lousse, die entfernt an einen Schneeschieber mit langem Stiel erinnert, über die Wasseroberfläche. So bildet sich nach und nach zu seinen Füßen das Häufchen des kostbaren Fleur de sel. Hat er den »Rahm« abgeschöpft, lässt der Salzgärtner das restliche Wasser im Becken, wodurch sich das Salz am Boden der œillets absetzt. Noch länger, nämlich fünf Meter, ist der Stiel der lousse, mit der der Paludier das grobe Meersalz, das gros sel, vom Beckenboden schabt.

Jeder Paludier bearbeitet etwa 50 bis 60 œillets, was einer Fläche von drei bis vier Hektar entspricht, und erntet darin durchschnittlich 60 bis 90 Tonnen gros sel und 2 bis 3 Tonnen Fleur de sel. Während die Salzblume von Natur aus weiß ist und einen feinen Veilchenduft hat, ist das grobe Meersalz durch die Lehmböden der Becken grau und reicher an Magnesium und Spurenelementen.

Reiche Ernte

Nicht nur die Salzgärtner aus der direkten Umgebung von Guérande dürfen ihr Produkt als »sel de Guérande« verkaufen, sondern auch das Salz aus dem Marais de Mès bei Mesquer hat dieses Qualitätslabel. Auf insgesamt 2000 Hektar Fläche arbeiten 300 Salzgärtner in den insgesamt 7600 œillets. Die durchschnittlich 10 000 Tonnen, die in den zwei Gebieten zusammengenommen geerntet werden, bringen etwa 16 Millionen Euro ein. Zwei Drittel der Paludiers, deren Bezeichnung sich vom lateinischen Wort palus für »Sumpf« ableitet, haben sich in Kooperativen zusammengeschlossen.

Mit dem Auto oder dem Fahrrad kann man eine 14 Kilometer lange Rundfahrt ab Guérande machen und dabei typische Salzbauerndörfer besuchen. Über die D 774 geht es zunächst nach Süden bis Saillé. In dem Dorf auf einer Insel inmitten der Salzgärten sind einige hübsche Häuser von Paludiers, erkennbar an ihren rundbogigen Türen und den Dachgauben mit Dreiecksgiebel, aus dem 17. und 18. Jahrhundert zu sehen. Hinter der Kirche befindet sich das moderne Ökomuseum Maison des Paludiers, über das man auch Besichtigungen in einer Saline buchen kann.

Cover Trescher-Reisefüher Französische Atlantikküste

Dieser Textauszug stammt aus dem Trescher-Reiseführer FRANZÖSISCHE ATLANTIKKÜSTE von Heike Bentheimer.

FRANZÖSISCHE ATLANTIKKÜSTE

Von Nantes über La Rochelle bis Royan
Loire-Atlantique, Vendée und Charente-Maritime

1. Auflage 2024
408 Seiten
ISBN 978-3-89794-638-5

19,95 €

 

Im Trescher Verlag sind weitere Reiseführer zu Zielen in FRANKREICH erschienen.