Kärnten

Großglockner – Methusalem der Alpen

Großglockner-Hochalpenstraße
Großglockner-Hoch­alpenstraße – die Alpentraumstraße schlechthin (© Pyty/shutterstock.com)

In der äußersten Nordwestecke Kärntens finden sich am und um den Großglockner die spektakulärsten Bergpanoramen des Landes, er ist daher auch einer der meistbesuchten Orte ganz Österreichs. Das auf knapp 1300 Metern gelegene Heiligenblut ist mit seiner berühmten Ansicht über die Dorfkirche hoch zum Großglockner einer der auch weltweit bekannten Alpenorte – selbst für die, die niemals dort gewesen sind. Wer ­sich dieser Region von Norden nähert, hat dabei zusätzlich das Glück, über eine der schönsten Panoramastraßen der Alpen emporzufahren, der Großglocknerstraße.

Österreichs höchster Berg ist ein Mythos. Bis 1919 war der Ortler (3905 m) in Südtirol die höchste Erhebung des Landes, doch nachdem Südtirol an Italien gefallen war, löste der Großglockner (3798 m) den Ortler in dieser Disziplin ab. Mit dem 3770 Meter hohen und damit knapp 30 Meter niedrigeren Kleinglockner bildet er eine markante Doppelspitze. Zwischen beiden liegt die Glocknerscharte, mit 3766  Metern die höchste Scharte Österreichs.

Geologisch zählt der Großglockner zum Tauernfenster, weist damit also die ältesten Gesteine der Alpen auf. Er besteht aus metamorphen, also durch Druck und Temperatur umgewandelten Gesteinen, die Jahrmillionen vor dieser Umwandlung bereits als Ablagerungsgesteine existierten. Ihre Verwitterungsbeständigkeit ließ die markanten Formen des Großglockner entstehen, der gleichsam aus der weicheren Umgebung herauspräpariert wurde.

Ein Vikar im Höhenrausch

Seine Besteigung erfolgte erstmals im Jahr 1799. Die erste Expedition auf den Gipfel rüstete der damalige Fürsterzbischof von Gurk aus, Franz Altgraf Salm-Reifferscheid (1749 –1822). Er war sehr beeindruckt von der 1786 erfolgten Erstbesteigung des Mont Blanc und gedachte nun, ein ähnliches Unternehmen auch in seinem Terrain zu bewältigen. In einer Vorexpedition gelangten am 23. Juli 1799 zwei von dem Bischof dazu beauftragte Heiligenbluter Bergbauern vom Leitertal aus auf den Gipfel des Kleinglockner. Da aber keiner der adeligen oder geistlichen Herrn an dieser Tour teilgenommen hatte, ist diese eigentliche Erstbesteigung verschwiegen worden. In der Vorbereitung des Aufstiegs wurden einzelne Hütten gebaut, darunter auch die heutige Salm-Hütte.

Letztlich stand der Generalvikar von Klagenfurt, Siegmund von Hohenwart, zusammen mit vier Einheimischen als erster Mensch auf dem Großglockner, am 25. August 1799. Irrtümlicherweise errichteten die Erstbesteiger zunächst auf dem Kleinglockner ein Gipfelkreuz. Nach dieser erfolgreichen ersten Expedition wurde 1800 eine zweite organisiert, an der diesmal 62 Personen teilnahmen. Weitere Hütten, die in erweiterter Form heute noch existieren, wurden dabei erbaut. Diesmal machte sich auch der Fürsterzbischof mit auf den Weg nach oben.

Murmeltier auf Felsen, Nationalpark Hohe Tauern
Auch Murmeltiere fühlen sich wohl im Nationalpark Hohe Tauern (© egyjanek/shutterstock.com)

Das heutige Gipfelkreuz auf dem Großglockner wurde 1800 aufgestellt. Es ist drei Meter hoch und 300 Kilo schwer. Zum 200-jährigen Jubiläum der Erstbesteigung wurde es mit einem Hubsch­rauber ins Tal geflogen und restauriert. Ein Blitzschlag hatte es im Sommer 2010 aus seiner Verankerung gerissen, worauf es mühevoll neu befestigt werden musste.

Wege zum Gipfel

Die Besteigung des Großglockners ist nur geübten Bergwanderern anzuraten. Außerdem sollte sie ausschließlich in Begleitung eines erfahrenen Bergführers angegangen werden. Von den vielen Anstiegen zum Gipfel ist nur der Weg, den bereits der Trupp im Jahr 1800 nutzte, verhältnismäßig einfach. Dieser sogenannte Normalweg beginnt an der Salm-Hütte auf 2638 Metern, die man von der Kärntner Seite aus durch das Leitertal vom Glocknerhaus erreicht oder von der Ostttiroler Seite aus über die Stüdlhütte. Von beiden Hütten geht es dann weiter zur Erzherzog-Johann-Hütte an der Adlersruhe (3454 m), dann über das Glocknerleitl, den stark vergletscherten Ostrücken des Kleinglockners, und fast ohne Felsberührung bis knapp unter den Kleinglocknergipfel. Der letzte Anstieg zum Kleinglockner ist mit Eisenstangen versehen. Der dann folgende, mit Drahtseilen gesicherte Abstieg zur Oberen Glocknerscharte und die Überquerung dieses acht Meter langen, nur einen halben Meter breiten und nach beiden Seiten hin stark abfallenden Übergangs sind besondere Engstellen, wo es im Auf- als auch im Abstieg zu anhaltenden Stauungen kommen kann. Die 30  Höhenmeter von der Scharte zum Gipfel fordern dem Bergsteiger noch einmal höchstes Können ab.

Cover Reiseführer Kärnten

Dieser Textauszug stammt aus dem Trescher-Reiseführer KÄRNTEN von Gunnar Strunz.

KÄRNTEN

Rund um Klagenfurt, Villach, Großglockner, Südalpen, Karawanken, Wörthersee

3., aktualisierte Auflage 2022
376 Seiten
ISBN 978-3-89794-566-1

18,95 €

 

Im Trescher Verlag sind zahlreiche weitere Reiseführer zu ÖSTERREICH erschienen.