Usedom und Wollin

Naturparadiese zwischen Haff und Ostsee

Ruderboot und Steg im Schilf, Balmer See
Am Balmer See (© Wolfgang Kling)
Die landschaftliche Vielfalt der Inseln Usedom und Wollin bietet beste Bedingungen für einen großen Artenreichtum sowohl der Pflanzen- als auch der Tierwelt. Die Naturparadiese sind für ihren weiteren Erhalt sowie für einen nachhaltigen Tourismus notwendigerweise streng geschützt. Die Schutzmaßnahmen bedeuten keineswegs den Ausschluss von Wanderern und Naturliebhabern.

Im Jahr 1999 wurde der gesamte deutsche Teil der Insel Usedom zum Naturpark erklärt. Dazu gehören auch die Sandinsel Ruden und die küstennahe Ostsee, das Achterwasser und der Peenestrom sowie ein schmaler Uferstreifen der ­Boddenküste am Festland. Der Naturpark ist daher mit seinen 632 Quadratkilometern eineinhalbmal so groß wie die Insel selbst. Insgesamt sind 14 Naturschutzgebiete (NSG) ausgewiesen, vor allem Moore und Seen, Inseln und Halbinseln an der Binnenküste und der Ostsee. Das Naturreservat Karsiborskie Paprocie (Kaseburger Farnland) liegt auf dem polnischen Teil Usedoms, im Stadtgebiet von Świnoujście (Swinemünde). Zur Hafenstadt an der Swinemündung gehört auch die Insel Karsibór (Kaseburg) mit dem Vogelschutzgebiet Karsiborska Kępa (Kaseburger Hutung). Der Nationalpark auf der polnischen Insel Wolin (Wollin) nimmt rund 20 Prozent der gesamten Inselfläche ein. Wir stellen die Schutzgebiete vor.

Naturschutzgebiet Streckelsberg

Der Streckelsberg ist mit seinen 58 Metern Höhe die höchste Erhebung an der Küste Usedoms. Die Kliffranddüne mit spektakulärem Weitblick bis nach Swinemünde und bei guter Sicht sogar bis nach Rügen steht seit 1961 unter Schutz. Hier hatte der auf Usedom legendäre Oberförster Schröder schon 1818/19 ein grünes Denkmal aus Buchen, Weiden und Kiefern geschaffen, um die Endmoräne aus der Eiszeit gegen die rauen Winde und die Sandverwehungen zu schützen. Heute wachsen hier Maiglöckchen und Leberblümchen, seltene Orchideenarten wie das Rote und das Bleiche Waldvögelein oder das Knabenkraut, auch Anemonen, der Nestwurz und die Waldhyazinthe. Der Streckelsberg ist außerdem ausgesprochen steinpilzreich. Ein ­schöner Wanderweg bietet spektakuläre Ausblicke auf den Strand und die Pommersche Bucht.

Naturschutzgebiet Südspitze der Halbinsel Gnitz

Die 61 Hektar große Südspitze der Halbinsel Gnitz ist seit 1994 geschützt. Die Landzunge im Achterwasser mit dem Weißen Berg und artenreichen Magerrasenwiesen ist vorwiegend mit Kiefernwald bestanden, in großer Zahl wachsen hier Wacholderbüsche. Im Frühsommer, in der Regel zur Pfingstzeit, blühen Knabenkraut und Sumpfsitter aus der Familie der Orchideen zu Hunderten. Heimisch ist der seltene Moorfrosch, der indigoblau während der Paarungszeit die Damenwelt bezirzen will. In den Wänden der Klippen brüten Uferschwalben, Seeadler lassen sich beim Kreisen über dem Achterwasser beobachten. Zahlreiche Wasservögel rasten während des herbstlichen Vogelzugs.

Naturschutzgebiet Mümmelkensee

Seit 1957 geschützt und sechs Hektar groß, liegt das Naturschutzgebiet zwischen Bansin und Ückeritz. Der See ist ein Hochmoorsee, der durch einen abschmelzenden Eisblock nach der letzten Eiszeit entstand. Zu beobachten sind hier Kraniche, Graugänse, verschiedene Libellenarten, Schmetterlinge, auch der Eisvogel. Gelbe Teichrosen schmücken im Sommer den stillen See. Sie werden Mummeln genannt, in der niederdeutschen Verkleinerungsform Mümmelken. Es gibt einen Naturlehrpfad (6,2 km) mit Info-Tafeln.

Naturschutzgebiet Gothensee und Thurbruch

Das sehr flache Areal ist geprägt durch riesige Entwässerungsprojekte vergangener Zeiten. Der rundum von Schilf gesäumte Gothensee ist der größte Binnensee auf Usedom. Hier leben seltene Wasservögel, Rohrdommeln und Fischotter. Das Thurbruch ist nach dem ausgestorbenen Wildrind Thur benannt. In der weitläufigen Moorlandschaft sind viele Schmetterlingsarten heimisch, zum Beispiel der Moorbürstenbinder oder der Dukatenfalter. Seit 1967 geschützt, ist es 800 Hektar groß. Es gibt Wander- und Radwege.

Naturreservat Kaseburger Farnland (Rezerwat Karsiborskie Paprocie)

Das 38 Hektar große Reservat liegt im Swinemünder Waldgebiet Świdny Las südwestlich der sieben Kilometer langen ul. Nowokarsiborska, die vom Stadtzentrum zur größeren der beiden Swinefähren führt. Parallel zur Straße verläuft ein Radweg, der kurz vor der Fähre nach rechts in das Feuchtgebiet des Bruchwaldes abzweigt. Hier, am größten Standort von Farnen in Polen, gedeiht der bis zu zwei Meter hohe Königsfarn besonders üppig. Der Königsfarm ist eine streng geschützte Pflanze. Um den vom Aussterben bedrohten stattlichen Farn ranken sich mehrere altslawische Sagen. Durch den Wald führt ein markierter Rad- und Lehrpfad bis zum Inselkopf an der Kaiserfahrt, dem heutigen Kanał Piastowski. Eine fantastische Aussicht auf das Stettiner Haff bietet ein neuer acht Meter hoher Aussichtsturm.

Vogelschutzgebiet Kaseburger Hutung (Karsiborska Kępa)

Die zu Swinemünde gehörende, rund 14 Quadratkilometer große Insel Karsibór (Kaseburg) zählt zu den landschaftlich reizvollsten Gebieten Westpommerns. Das 197 Hektar große einzigartige Ökosystem liegt im nördlichen Teil der flachen Schwemmlandinsel und ist von der Dorfstraße über einen lehmigen Wanderweg bis zu einem Beobachtungsturm zugänglich. Das Reservat besteht seit 1993, es ist ein bedeutendes Rastgebiet für Zugvögel aus Sibirien und Skandinavien. Rund 140 Vogelarten sind hier heimisch. Der Star des Schutzgebiets ist ein vom Aussterben bedrohter Winzling – der Seggenrohrsänger. Die Lebensräume des seltensten europäischen Singvogels, der in Westafrika überwintert, wurden im letzten Jahrhundert vor allem durch Melioration von Feuchtgebieten zerstört. Auf den feuchten, mit Niederschilf bewachsenen Wiesen brüten überwiegend Regenpfeifer sowie Uferschnepfen, Kiebitze und Rotschenkel. Vom Beobachtungsturm und einigen geschützten Plätzen nahe der Alten Swine, die sich hier um die Insel windet, kann man auch Seeadler, Rotmilane, Kampfläufer, den Wachtelkönig oder den sich auf seinen dünnen Beinchen blitzschnell bewegenden Alpenstrandläufer beobachten. Fernglas nicht vergessen!

Wolliner Nationalpark (Woliński Park Narodowy)

Der Nationalpark auf der größten polnischen Insel Wollin wurde 1960 als erster Ostseeküsten-Nationalpark gegründet und 1996 um die Meeresgewässer der Pommerschen Bucht sowie ufernahe Teile des Stettiner Haffs erweitert. Dazu gehören außerdem Dutzende Inseln am alten Lauf der Swine zwischen den Inseln Wollin und Karsibór (Kaseburg). Dieser einmalige Archipel von Inseln aus Moor, Seesand und Torf, durchzogen von Kanälen und Flussarmen, ist etwa 3000 Hektar groß. Das überaus reizvolle Gebiet wird regelmäßig von Ostseewasser überflutet. Wegen der dann rückwärts gerichteten Strömung des Flusses wird das Swinedelta (Delta Świny) auch als »Rückstrom-Delta« bezeichnet.

Die Gesamtfläche des Nationalparks beträgt rund 11 000 Hektar, wovon 4500 Hektar Wasserfläche sind. Das Schutzgebiet des Parks liegt hauptsächlich im westlichen Teil der Insel Wollin. Die Flora des Parks reicht von Dünengewächsen wie Stranddisteln bis zu mehreren Orchideenarten wie dem Knabenkraut und seltenen Waldpflanzen wie dem Geißblatt. Auf der Kliffkante an der Küste wachsen Gehölze wie Spitzahorn, Schlehe, Hundsrose und Sanddorn, auch trifft man auf Waldmeisterbestände, Leberblümchen und Maiglöckchen. Im Park leben etwa 230 Vogelarten, rund 140 brüten hier. Es gibt mehrere reizvolle Wanderwege zu entdecken.

Wichtiger Hinweis: Die Mitnahme von Hunden ist im Nationalpark nicht erlaubt!

Cover Reiseführer Usedeom und Wollin

Dieser Textauszug stammt aus dem Trescher-Reiseführer USEDOM UND WOLLIN von Grażyna und Wolfgang Kling.

USEDOM UND WOLLIN

Mit Wolgast, Anklam und Ueckermünde

3., aktualisierte Auflage 2022
236 Seiten
ISBN 978-3-89794-599-9

12,95 €

 

Im Trescher Verlag sind zahlreiche weitere Reiseführer zu Zielen in DEUTSCHLAND erschienen.