Usbekistan

Orientalische Baukunst in Vollendung
der Registan in Samarkand

Tillakori-Medrese am Registan in Samarkand
Die Tillakori-Medrese am Registan in Samarkand (© Irina und Bodo Thöns)

Wer Samarkand besucht, beginnt die Stadtbesichtigung in der Regel auf dem zentralen und schönsten Platz der Stadt, dem Registan (usb. Registon). Er ist die wohl bekannteste und meistfotografierte Sehenswürdigkeit Usbekistans und einer der herrlichsten Plätze in Mittelasien. In der Übersetzung bedeutet das Wort »Registan« einfach »Sandplatz« und findet auch für Plätze in anderen Städten Anwendung, obwohl die erste Assoziation eigentlich immer Samarkand heißt. Gerahmt wird der Platz von drei traditionellen Koranschulen (Medresen), die zwischen dem 15. und dem 17. Jahrhundert erbaut wurden.

Von einer Aussichtsempore über dem Registanplatz hat man einen Blick auf das majestätische Dreigestirn der reich verzierten Koranschulen mit ihren Kuppeln und Minaretten. Der britische Staatsmann und Vizekönig Indiens, George Curzon (1859–1925), brachte es auf den Punkt, indem er die Einzigartigkeit des Registans mit dem Vergleich pries, dass es in ganz Europa keinen Platz gegeben habe und gebe, der auf drei seiner vier Seiten von gotischen Kathedralen umgeben ist.

Die drei Koranschulen am Registan

Auf der linken Seite befindet sich die Ulug’bek-Medrese, wo sich auch die zentrale Kasse für den Registan befindet. Ihre Minarette sind 33 Meter hoch. Mit den Jahren gerieten sie in eine erhebliche Schieflage. 1932 wurden sie in einer spektakulären Seil- und Beton-Aktion wieder in die Vertikale zurückgeführt. Das Besteigen des rechten Minaretts war lange Zeit nur nach vertraulichen Verhandlungen mit den Ordnungshütern und gegen Bakschisch möglich. Jetzt taucht es als Extraposten in der Preisliste auf und kann problemlos erklommen werden. Ganz oben schaut man dann aber wirklich nur mit dem Oberkörper aus dem Dach des Minaretts.

Auf der rechten Seite steht die Sherdor-Medrese. Sherdor lässt sich mit »Löwenhaus« übersetzen. Auf dem Portal sieht man unter einer Sonne mit menschlichem Antlitz tigerartige Löwen (oder löwenartige Tiger). Die Medrese ist auf dem neuen 5000-So’m-Schein abgebildet. In der ganzen Verzierung dominiert die Motivik des Sonnenrads in der hinduistisch-buddhistischen Tradition, das durch die Nazis später für ihre Hakenkreuze umfunktioniert wurde. Weder die figürliche Darstellung noch die einem anderen Kulturkreis entlehnten Muster passen zu seiner Koranschule, so dass dieser originelle Mix ein Rätsel bleibt.

Die jüngste der drei Medresen am Registan ist die Tillakori-Medrese in der Mitte, was sich mit die »Goldgeschmückte« übersetzen lässt. Von den beiden anderen Schulen eingerahmt, ist hier die Fassade breiter und nicht voll symmetrisch. Dass sie gleichzeitig als Freitagsmoschee diente, erkennt man auf der linken Seite an der blauen Kuppel. Das namensspendende Gold findet man im Innenraum der Moschee, die man vom Hof aus erreicht, im Überfluss. Gold ist der dominierende Farbton der auf allen Seiten glänzenden, blütenartigen Kundal­Ornamente – ein fantastischer Anblick.

Der Registan als Veranstaltungsort

Der Hauptplatz wird häufig für Veranstaltungen genutzt. Dann werden eine flache Bühne und leicht ansteigende Sitzreihen aufgebaut. Höhepunkt ist das alle zwei Jahre stattfindende internationale Folklorefestival Sharq Taronalari (Melodien des Orients). Der nächste Termin wird 2025 sein.

Während der Touristensaison findet allabendlich nach Sonnenuntergang eine sehenswerte zwanzigminütige Lasershow statt, wobei die Fassade der Tillakori-Medrese zur Leinwand wird. Generell lohnt es sich, den Platz mehrfach zu unterschiedlichen Tageszeiten zu besuchen, um die verschiedenen Farbtöne und Stimmungen zu erleben.

Usbekistan 2024 Cover

Dieser Textauszug stammt aus dem Trescher-Reiseführer USBEKISTAN von Irina und Bodo Thöns.

USBEKISTAN

Entlang der Seidenstraße nach Taschkent, Samarkand, Buchara und Chiwa

14. Auflage 2024
504 Seiten
ISBN 978-3-89794-669-9

24,95 €

 

Im Trescher Verlag sind zahlreiche weitere Reiseführer zu Asien und Zentralasien erschienen.