Französischer Jura

Ornans – wie gemalt

Gustave Courbet Gemälde, "Ansicht von Ornans"
Gustave Courbet, »Ansicht von Ornans«, 1850er Jahre, Metropolitan Museum of Art, New York (© gemeinfrei)

Ornans ist für viele Reisende ein Ort, an dem Gemälde zur Wirklichkeit werden. Was in erster Linie mit dem hier geborenen Maler Gustave Courbet zusammenhängt: Die Häuser und Mühlen an der Loue, ihre Quelle und ihre Wasserfälle, Milchbauern und Steinhauer, das alles hat der romantische Realist unzählige Male festgehalten. Das zweite Bild, das man mit der 4300-Einwohner-Stadt verbindet, sind die auf Stelzen im Wasser der Loue stehenden Häuschen, warum man Ornans auch »Klein-Venedig der Franche-Comté« nennt. Dies ist wie fast jeder andere Vergleich mit Venedig natürlich übertrieben, und doch bestimmen die ziemlich in die Jahre gekommen Häuser am Fluss das Flair des Ortes. Unten das Wasser, oben die Klippen aus Jurakalkstein und dazwischen viel Wald, so sieht Ornans aus. Und da die Entfernung von Besançon nur 23 Kilometer beträgt, ist es einer der am meisten besuchten Orte des Jura.

Spaziergänge

In Ornans und seiner Umgebung kann man auf mehreren Rundgängen die Region auf den Spuren des Malers Gustave Courbet erkunden. Informationen und eine Wanderkarte gibt es im Tourismusbüro und unter www.musee-courbet.fr.

Ein Stadtspaziergang durch Ornans beginnt auf der zentralen Place Courbet mit ihren uralten Linden, die bereits zu Zeiten Ludwig XVI. gepflanzt worden waren. Ein Atelier des Malers befand sich im Haus Nr. 24, wo er eines seiner berühmtesten Werke L’Enterrement à Ornans (Das Begräbnis von Ornans) schuf. Das Original hängt heute im Pariser Musée d’Orsay, eine vergrößerte Nachbildung ist im hiesigen Museum zu sehen. Von Courbet stammt auch die Figur des Fischers auf dem Brunnen des Platzes. 1862 schenkte der Künstler sie seiner Heimatstadt, worüber freilich nicht alle glücklich waren: Der Fischer trägt keine Kleidung und sorgte so im betulichen 19. Jahrhundert für ziemliche Aufregung.

Die Avenue du Président Wilson führt vorbei an dem 1722 errichteten Hôpital Saint-Louis und der Jugendstilvilla Bel Abri zu einem weiteren Atelier Courbets in der Avenue Mal de Lattre de Tassigny 14. Jenseits der Loue liegt der berühmte Miroir d’Ornans, wo sich im Wasser die Häuschen Klein-Venedigs spiegeln, die der Maler 1872 in dem gleichnamigen Gemälde festhielt. 

Auf dieser Seite des Flusses liegt das älteste erhaltene Viertel der Stadt mit Stadtpalais aus der Zeit von Spätgotik, Barock und Frühklassizismus. Am bemerkenswertesten ist das Hôtel Grospin in der Rue Saint Laurent mit seinem vorspringenden Türmchen, das die Einheimischen »Die pissende Frau« nennen.

Die Loue schlängelt sich durch Ornans
Die Loue schlängelt sich durch Ornans (©Paddo47/shutterstock.com)

Musée Courbet

In dem Haus, in dem Gustave Courbet am 10. Juni 1819 geboren wurde, befindet sich seit 1971 das viel besuchte Museum des Künstlers. Gezeigt werden rund 80 Werke, nicht nur die bekannten Landschaftsbilder aus der Gegend um Ornans, sondern auch Portraits, Skulpturen und Zeichnungen, die die sozialen Verhältnisse seiner Zeit thematisieren. Die Ausstellung ist chronologisch aufgebaut, so dass man die künstlerische und politische Entwicklung Courbets, von dem natürlich auch private Gegenstände gezeigt werden, gut nachvollziehen kann. Außerdem finden Sonderausstellungen statt, die die Verbindungen zu anderen Künstlern zum Thema haben. An der Kasse werden Tablets verliehen, die die Entstehungsgeschichte der Bilder detailliert auch auf Deutsch präsentieren. Im Internet kann man sich einen Führer herunterladen, der auf Deutsch ebenfalls ausführlich über das Museum informiert. Eine Interpretation des berühmten Begräbnisbildes findet sich unter www.e-periodica.ch unter dem Stichwort »Begräbnis als Selbstinszenierung«.

Sehenswert ist neben der Ausstellung aber auch das Museumsgebäude selbst, bei dem man 2011 das Geburtshaus mit zwei weiteren Häusern verband und mit großen Fenstern zur Loue hin versah. Vor dem Museum steht der säulenartige Asylstein, der im Mittelalter das Recht auf Asyl für Verfolgte garantierte.

Beim Museum beginnt ein steiler Spaziergang, der hinauf zum Friedhof von Ornans mit dem heutigen Grab Courbets führt. Ursprünglich war der Künstler, der am 31. Dezember 1877 in seinem Schweizer Exil starb, in einem Dorf bei Montreux beerdigt worden – ein Ereignis, an dem mehr als 1000 Bewunderer teilnahmen. 1919 wurde der Sarg dann jedoch nach Ornans überführt.

Cover Reiseführer Französischer Jura

Dieser Textauszug stammt aus dem Trescher-Reiseführer FRANZÖSISCHER JURA von Sabine Herre.

FRANZÖSISCHER JURA

Mit Belfort, Montbéliard, Besançon, Dole, Arbois, Doubs und Ausflügen in den Schweizer Jura

1. Auflage 2022
288 Seiten
Mit herausnehmbarer Faltkarte
ISBN 978-3-89794-546-3

19,95 €

 

Im Trescher Verlag sind weitere Reiseführer zu Zielen in FRANKREICH erschienen.