Kaum irgendwo sonst rücken weltberühmtes Kulturerbe, zauberhafte Natur und herrliches Freizeitvergnügen so nah zusammen wie im »Blauen Salon«, den Havelseen zwischen Potsdam, südlich Ferch am Schwielowsee und westlich den Städtchen Werder und Ketzin. Als besonderes Schmucksück liegt mittendrin Caputh mit seinem Hohenzollernschloss und dem Sommerhaus von Albert Einstein.
Templiner See, Schwielowsee, Großer Plessower und Großer Zernsee sind die Gewässer, die die mittlere Havel hier ausbildet. Und als wolle sie, weil es so schön ist, noch etwas verweilen, wechselt sie gleich zweimal die Fließrichtung: An ihrem südlichsten Punkt im Schwielowsee angelangt, dreht sie mit einer 180-Grad-Volte noch einmal eine Ehrenrunde nach Norden und wendet sich erst bei Ketzin weiter nach Westen, um in Richtung Brandenburg/Stadt Fahrt aufzunehmen.
Weite Obstplantagen ziehen über die Hügel zwischen den Havelgewässern. Das Havelland und insbesondere die Region um die Baumblütenstadt Werder sind schon seit 300 Jahren Obstbauernland. Dazu kamen Fischfang und seit dem 19. Jahrhundert die Ziegelbrennerei für die rasch wachsende Metropole Berlin.
Im Gegenzug strömen die Berliner seit der Erfindung der Sommerfrische in Scharen ins Havelland. Albert Einstein liebte es, mit seinem Segelboot von Caputh aus in See zu stechen; und längst vorher wussten bereits die Hohenzollern die schöne Landschaft zu schätzen, wovon ihre Schlösser in Caputh, Marquardt und Paretz malerisch Zeugnis ablegen. Ganz in dem Sinne, wie es Fontane in Verse schmiedete: »Ob rote Ziegel, ob steinernes Grau, / Du verklärst es, Havel, in deinem Blau.«
Wo schon der Kurfürst die Seele baumeln ließ
Drei Seen umrahmen den 5000 Einwohner zählenden Ort Caputh. Nördlich grenzt er an die Ufer des Templiner Sees, südlich an den kleinen Caputher See und im Westen an den größten aller Havelseen, den Schwielowsee. Von diesem schwärmte schon Fontane: »Der Schwielowsee ist breit, behaglich, sonnig und hat die Gemütlichkeit aller breit angelegten Naturen. Er hält es mit leben und leben lassen.«
Größte Sehenswürdigkeit im Ort ist das kurfürstlich-königliche Schloss Caputh. Ab 1662 wurde es als schlichter rechteckiger Bau von einem Generalquartiermeister des Großen Kurfürsten am Havelufer errichtet. Durch einen Tauschvertrag fiel es 1671 an Kurfürst Friedrich Wilhelm zurück, der es seiner zweiten Gemahlin schenkte. Kurfürstin Dorothea ließ dann die frühbarocken Gemäuer erweitern und ausgestalten und verlieh ihnen damit die Gestalt, in der Schloss Caputh heute noch steht. Es ist der einzig erhaltene Schlossbau in der Potsdamer Schlösser- und Gartenlandschaft, der noch aus der Zeit des Großen Kurfürsten stammt.
Die Gemächer des Kurfürstenpaares und der Speisesaal mit 7500 blauweißen holländischen Fayencefliesen, jede einzelne ein Unikat, zählen zu den Höhepunkten einer Besichtigung. Die ausgestellten Lackmöbel, Skulpturen, Gemälde repräsentieren die herrschaftliche Kunstauffassung um 1700. Den ursprünglich barocken Schlossgarten gestaltete Peter Joseph Lenné ab 1830 um.
Vis-à-vis erhebt sich mit einem freistehenden Campanile die neoromanische Dorfkirche. Der Entwurf für die 1852 eingeweihte dreischiffige Pfeilerbasilika mit klassizistischer Inneneinrichtung stammt aus der Feder des Schinkel-Schülers Friedrich August Stüler.
Relativ schön – Einstein in der Sommerfrische
Einen herrlichen Blick über die Kirchturmspitze und das Schlossdach hinweg auf den Templiner See genoss Albert Einstein von seinem Feriendomizil aus. Am Waldrand auf einer kleinen Anhöhe über Caputh steht das Sommerhaus, das der geniale Physiker und Nobelpreisträger sich 1929 von Konrad Wachsmann bauen ließ. Einstein liebte die stille Natur und als leidenschaftlicher Segler vor allem die ausgedehnten Segeltörns mit seinem Boot kreuz und quer über die Havelseen. »Komm nach Caputh, pfeif’ auf die Welt«, schrieb er einmal an seinen Sohn. Bis 1932 war das Caputher Sommerhaus Treffpunkt der wissenschaftlichen und kulturellen Elite der Weimarer Republik.
Nachdem Einstein nach der Machtergreifung Hitlers Anfang 1933 aus den USA nicht mehr zurückgekehrt war, wurde es, wie auch sein übriges Eigentum, von den Nationalsozialisten konfisziert. Heute kann man das geräumige Holzhaus im Sommerhalbjahr immer samstags und sonntags im Rahmen einer Führung besichtigen. Im Caputher Bürgerhaus (Straße der Einheit 3, gegenüber vom Schloss) informiert eine Ausstellung über Leben und Werk Albert Einsteins, Konrad Wachsmanns sowie die Geschichte des Sommerhauses.
Nahebei trägt die »Tussy II« ihre Passagiere über das Caputher Gemünde zum Geltower Ufer hinüber. Bereits seit 1853 befördert die Caputher Seilfähre Fußgänger und Kutschen bzw. Motorkutschen über das Wasser. So durfte sich »Tussy I« 1998 verdienterweise zur Ruhe setzen und das Ruder an die Nachfolgerin abgegeben.
Dieser Textauszug stammt aus dem Trescher-Reiseführer BRANDENBURG von Kristine Jaath.
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