Burgenland

Der Uhudler

burgenland uhudler
In vielen Orten wird der Uhudler direkt verkauft (© Sibylle Unverzagt)

Viele Reisende lassen die Südhälfte des Burgenlandes links liegen – zu Unrecht, denn die Landschaft ist hier von besonderem Reiz: kleine Ausläufer der pannonischen Ebene stoßen von Osten an eine verträumte Mittelgebirgs­landschaft, die allenthalben von Weinhängen bekrönt ist und in der kleine Schlösser und verwunschene Burgruinen dahinträumen. Es wartet außerdem mit einer önologischen Kuriosität auf, dem Uhudler.

Der Uhudler – ein Wein, der je nach Sorte an einen Rosé oder einen hellen Rotwein erinnert – ist vielleicht die typischste südburgenländische Spezialität. Das Besondere an ihm: Er ist ein Verschnitt aus Trauben verschiedener regionaler Sorten, Ripatella, Isabella, Elvira. Sein Geschmack erinnert an Walderdbeeren oder schwarze Johannisbeeren. Der Wein wurde »entwickelt«, als man nach den großen Reblauskatastrophen in Österreich von 1870 versuchte, einen Ersatzwein zu schaffen, wobei man österreichische Traubenarten mit besonders lausresistenten amerikanischen Sorten kreuzte.

Diese Sorten waren nicht veredelt, waren also sogenannte Direktträger. Das heißt, der aus ihnen resultierende Wein hatte einen gering erhöhten Methanolgehalt, war etwas stärker säurebetont und genoss daher wegen angeblicher negativer Wirkungen einen schlechten Ruf. Vor allem der Geschmack war ein ganz anderer als der, den man von einem Rosé oder hellen Rotwein bisher kannte.

Um den Absatz und die Reputation der »seriösen« Weine nicht zu beschädigen, wurde der Uhudler ab 1936 und bis in die 1970er Jahre nicht öffentlich ausgeschenkt und war auf die Funktion eines reinen Haustrunks beschränkt. Im Rahmen des Glykolskandals in den 1980er Jahren wurde die Herstellung des Uhudlers überhaupt untersagt, wobei Mitarbeiter der Gesundheitsämter im ganzen Südburgenland vorhandene Uhudlervorräte vernichten ließen. Besonders burgenländische Winzer hatten ihren Wein mit Diethylenglykol versetzt, um ihn aromatischer zu machen.

Keine Angst vor Augenringen!

Erst nach 1992 änderte sich die Situation: Den traditionsverbundenen Weinbauern gelang es, den Uhudler als besondere regionale Spezialität zu etablieren. Er darf nun offiziell in acht Gemeinden produziert werden. Die Deutung des Namens ist nicht gesichert: Angeblich sollen Augenringe, die nach übermäßigem Genuss des Weines entstehen, an das Aussehen eines Uhus erinnern.

Am 345 Meter hohen Hochkogel bei Eltendorf liegt das berühmte malerische Uhudler-Kellerdorf. Wer Zeit mitbringt, sollte von Eltendorf über den Uhudler-Wanderweg bis zu diesem Kellerviertel spazieren. Dort gibt es auch eine Vinothek. Über Zahling geht es dann zurück. Man braucht für den Weg knapp drei Stunden.

Eine Übersicht der Uhudler-Produzenten und weitere Informationen gibt es hier: www.uhudlerverein.at

Winzerhaus im Uhudler-Kellerdorf
Im schönen Uhudler-Kellerdorf von Eltendorf (© Gunnar Strunz)
Cover des Trescher-Reiseführers Burgenland 2024

Dieser Textauszug stammt aus dem Trescher-Reiseführer BURGENLAND von Gunnar Strunz.

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