Flusskreuzfahrten Rhein

Romantischer Mittelrhein zwischen Bingen und Koblenz

Alter weißer Wachturm auf einer Rheininsel, dahinter Weinberge mit Burgruine
Die Gefahrenstelle beim Binger Mäuseturm hat ihren Schrecken verloren, ist aber dennoch heikel (© Sina Ettmer Photography/shutterstock.com)

Herzstück einer Rhein-Kreuzfahrt ist die als romantischer Rhein bezeichnete Strecke zwischen Bingen und Koblenz. Hier windet sich der Strom zwischen teils rebenbewachsenen, teils bewaldeten Hängen vorbei an malerischen Ortschaften, über denen zahlreiche Ruinen liegen. Der vielbesungene Loreleyfelsen, der Mäuseturm und die Zollburg Pfalzgrafenstein, erbaut auf Felsenriffen, trugen ebenso zur Rheinbegeisterung der Romantik im 19. Jahrhundert bei. Als Kulturlandschaft Oberes Mittelrheintal steht dieser Abschnitt auf der UNESCO-Welterbeliste.

Bei Bingen biegt der ab Mainz westwärts fließende Rhein in einer starken Kurve nach Nordwesten ab. Der Strom wird im weiteren Verlauf durch die Hänge des Taunus auf der rechten und des Hunsrück auf der linken Rheinseite stark verengt. Flussreisende haben vom Schutzhafen Bingen an den Eindruck, durch eine canyonartige Schlucht zu fahren. Die Rheinschiffer müssen hier Berg- und Talfahrt längerer Schiffe koordinieren.

Doch längst sind die Gefahrenstellen rund um die Untiefen des Binger Lochs (km 530,8), einem harten Quarzitriff zwischen Rüdesheim und Bingen, durch Sprengungen entschärft worden. Bei Niedrigwasser sieht man die querliegenden Quarzitriegel, die sich dem Rhein in den Weg stellen und bis heute eine heikle Stelle für die Schifffahrt bedeuten.

Jahrhundertelang war die Strecke unüberwindbar. Waren mussten auf dem Landweg bis Lorch transportiert werden. Ende des 19. Jahrhunderts konnte die Stelle auf 30 Meter verbreitert werden, heute ist die Fahrrinne hier 120 Meter breit. Wegen des stärkeren Abflusses musste im Bereich vor Bingen ein Damm in den Rhein gebaut werden, um die Fahrrinne zu verengen. So wird bei Niedrigwasser ein höherer Wasserstand beim Binger Loch ermöglicht. Die nautisch schwierigste Stelle mit der geringsten Tiefe befindet sich jedoch zwischen Sankt Goar und Budenheim.

Römererbe, Hildegardkloster und Weinkultur

Der Zufluss der Nahe in Bingen und das Deutsche Eck in Koblenz grenzen das UNESCO-Welterbe Oberes Mittelrheintal ein. An diesem günstigen Siedlungsplatz im heutigen Bingen haben die Römer reichlich Spuren hinterlassen. Ein römischer Gutshof befindet sich im Stadtwald. Ein Stück Römerstraße, ein Wachturm und sogar der Tiefbrunnen auf Burg Klopp zählen zu den Relikten.

Bingen erlebte im Lauf seiner Geschichte immer wieder Zerstörungen, so dass wenig historische Substanz im Stadtkern erhalten blieb. Die Stadt mit gut 26 000 Einwohnern ist bekannt durch das Binger Loch und den Mäuseturm im Rhein. Das ehemalige Kloster der hl. Hildegard von Bingen auf dem Rupertsberg über der Nahemündung ist nicht erhalten.

Bingen ist Zentrum für das hier endende Weinbaugebiet Rheinhessen mit zahlreichen Kellereien. Die älteste mittelalterliche Steinbrücke Deutschlands verbindet Bingen mit dem Stadtteil Bingerbrück.

Kreuzfahrtschiff auf dem romantischen Rhein, am Ufer Weinberge und Häuser
Blick auf Rüdesheim im Mittelrheintal (© Dmitry Eagle Orlov/shutterstock.com)

Binger Loch und Mäuseturm

In frischem Cremeweiß erstrahlt der gründlich renovierte ehemalige Wachturm, der Mäuseturm, auf einer Rheininsel. Seinen Namen hat er der Sage nach vom schrecklichen Ende des reichen Mainzer Erzbischofs Hatto II., der seine Untertanen in großer Not hungern ließ. Auf seiner Flucht vor den wütenden Menschen suchte er Rettung im Turm, wo die Mäuse ihn auffraßen.

Seine Funktionen ab dem 14. Jahrhundert lagen einerseits darin, die Kurmainzer Zollbarriere der Burgen Ehrenfels und Klopp zu verstärken und andererseits als Signalturm eine Begegnung von Schiffen am gefährlichen Riff des Binger Lochs zu verhindern. Handelswaren größerer Schiffe mussten in Lorch entladen, auf dem Landweg transportiert und in Rüdesheim auf andere Schiffe umgeladen werden.

Im 19. Jahrhundert begannen die ersten wirksamen Sprengungen in das mit Schiefer durchzogene Quarzitriff zwischen Taunus und Hunsrück. Durch neuartige Bohrmethoden entstand 1974 eine 120 Meter breite und 2 Meter tiefe Fahrrinne, die dieser Stelle ihren Schrecken nahm.

Bingen vom Rhein aus

Vom Kreuzfahrtschiff aus sieht man über Bingen Burg Klopp am Hang des Rochusberges liegen. Sie wurde im Spanischen Erbfolgekrieg 1712 gesprengt und Ende des 19. Jahrhunderts im neugotischen Stil wiederaufgebaut. Bis 1974 diente sie als Signalstation für die Schifffahrt. Heute beherbergt sie die Stadtverwaltung, ein Heimatmuseum und ein Restaurant.

Aus der Altstadt ragt die spätgotische Pfarrkirche Sankt Martin hervor. Typisch für die Bauweise am Mittelrhein ist ihr weißer Turm mit roter Unterteilung und spitzem, schiefergedeckten Turmhelm. Die Krypta des Vorgängerbaus aus dem ersten Jahrtausend hat man in den Bau integriert. Seit 2002 ist die Kirche Teil des UNESCO-Welterbes Oberes Mittelrheintal.

Der Uferbereich am Rhein wurde nach der Landesgartenschau 2008 zum Kulturufer umgestaltet. Die architektonisch und gartenbaulich attraktive Uferzone bezieht auch den schönen hölzernen Hafenkran mit schiefergedecktem Kuppeldach von 1787 mit ein.

Cover des Trescher-Reiseführers Flusskreuzfahrten Rhein

Dieser Textauszug stammt aus dem Trescher-Reiseführer FLUSSKREUZFAHRTEN RHEIN von Annette Lorenz.

FLUSSKREUZFAHRTEN RHEIN

Zwischen Basel und Amsterdam. Mit Mosel zwischen Koblenz und Trier

4., aktualisierte Auflage 2024
216 Seiten
ISBN 978-3-89794-697-2

12,95 €

 

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