Saarland

Der Lyoner

Lyoner in einer Auslage beim Fleischer
Der Lyoner in seiner ganzen Pracht (© Sabine Herre)

Im Saarland schwärmt man nicht nur für die französisch beeinflusste feine Küche. Auch eine rustikale Fleischwurst, der Lyoner, erfreut sich ungebrochener Beliebheit. Bei den Kohlekumpeln stand er einst sogar mehrmals täglich auf dem Speiseplan.

Nein, es handelt sich hier nicht um einen Schreibfehler: Im Saarland ist die Fleischwurst namens Lyoner tatsächlich nicht weiblich wie im Rest der Republik, sondern männlich. Woher dieser geschlechtliche Unterschied stammt, konnte ich bei Nachfragen in Metzgereien nicht erfahren – vielleicht ist er für die Saarländer auch nicht mehr so wichtig. Schlimmer ist da schon, dass bei einem Wettbewerb um den besten Lyoner ausgerechnet eine Metzgerei aus Trier den ersten Preis gewann.

Immerhin geben noch rund 80 Prozent der Saarländer an, dass der Lyoner für sie das beliebteste saarländische Gericht ist. Als 2015 der Markenschutz auf »Saarländische Lyoner« auszulaufen drohte, weil die Fleischerinnung das Geld dafür nicht mehr aufbringen konnte, erstellte ein Saarlouiser Wurstliebhaber eine Webseite, und so kam die benötigte Summe innerhalb kurzer Zeit zusammen. (Wobei, nebenbei bemerkt, es hier plötzlich »die« Lyoner heißt, vielleicht, um auch aus dem Rest Deutschlands Geld zu bekommen.)

Natürlich haben Politiker vieler Jahrzehnte und vieler politischer Richtungen immer wieder die Bedeutung des Lyoner für das Saarland beschrieben. CDU-Ministerpräsident Peter Müller sprach 2008 gar davon, dass es sich nun »aus­lyonert« habe und man endlich beginnen müsse zu arbeiten. Warum er trotz dieser Abwertung des Lyoner noch einmal die Wahl gewann, erschließt sich nicht ganz. Sicher dagegen ist, dass für die Kohlekumpel der Lyoner zusammen mit Doppelweck und Bier die Mahlzeit an sich war – und zwar vor, während und nach der Schicht, weshalb man auch vom »Steak des Bergmanns« sprach.

Eine überraschende Zutat

Doch was macht nun das Besondere des saarländischen Lyoner aus? Nach Ansicht der Metzger des Landes ist es der hohe Rindfleischanteil, der bis zu 50 Prozent betragen kann, während im Rest von Deutschland oft nur Schweinefleisch in die Wurst kommt. Und dann betritt da natürlich noch ein ganz spezielles Gewürz des Saarlands die Bühne: Maggi. Nein, auch dies ist kein Fehler. Maggi, egal ob der, die oder das Maggi, dieser ab Mitte des 19. Jahrhunderts hergestellte Geschmacksverstärker kommt im Saarland nicht nur in den Lyoner, sondern auch in viele andere Würste. Ohne Maggiwürze, so hat manch ein Metzger festgestellt, würde er wohl pleitegehen, denn die Saarländer lieben diesen Geschmack. Warum der ansonsten nicht eben geschmacks­intensive Lyoner für die Saarländer eine solch große Bedeutung hat, ist für Nicht-Saarländer nur schwer verständlich. Eine Lyoner-Pfanne – mit Kartoffeln – sollte dennoch jeder Besucher des Saarlands einmal probiert haben.

Lyoner mit Bratkartoffeln
Im Hochwälder Brauhaus in Losheim am See wird Chili-Lyoner mit Bratkartoffeln serviert (© Benreis, CC BY-SA 4.0)
Cover Trescher-Reiseführer Saarland

Dieser Textauszug stammt aus dem Trescher-Reiseführer SAARLAND von Sabine Herre.

SAARLAND

Mit Ausflügen nach Luxemburg, Metz und Lothringen

2., aktualisierte Auflage 2023
292 Seiten
ISBN 978-3-89794-596-8

16,95 €

 

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